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27.05.2019

"Ibiza-Gate"

Die Veröffentlichung des als "Ibizia-Gate" bekannt gewordenen, heimlich aufgenommenen Videos zweier Politker im Machtrausch ist auch medienrechtlich spannend.

Inwischen kennt es wohl so gut wie jeder, das Video das heimlich während eines nächtlichen Teffens des damaligen Vizekanzlers HC Strache und seiner rechten Hand Johann Gudenus mit einer mutmaßlichen russichen Oligarchennichte aufgenommen wurde. Politisch hat dessen Bekanntwerden ein Erdbeben ausgelöst. Rechtlich war die Aufnahme und die Veröffentlichung Video nach österreichischen Maßstäben aber in mehrerlei Hinsicht heikel, letztlich aber zulässig. Michael Borsky hat sich dazu gegenüber der Tageszeitung KURIER geäußert.

Zum einen verbietet das Strafrecht heimliches Abhören ebenso wie die Veröffentlichung solcher Aufnahmen. Das bezieht sich an sich zwar nur auf Tonaufnahmen, erstreckt sich aber damit klarerweise auch auf Videos wenn dort die Abgebildeten zu hören sind. Für das heimliche Abhören droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr.

Aus Mediensicht heikel ist, dass auch das Verbreiten und Veröffentlichen dieser Aufnahmen unter derselben Strafdrohung steht.

Allerdings können diese Handlungen durch die Wahrung eines überwiegenden berechtigten Interesses gerechtfertigt sein. Das wird man – auch im Lichte der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) und der Wiener Strafgerichte im Fall Strasser – auch hier annehmen können. Hier wurden oberste Amtsträger quasi in flagranti erwischt, das Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis dieser Aufnahmen überwiegt daher deutlich.

Die Veröffentlichung der Video-Aufnahmen berührt natürlich auch das Recht am eigenen Bild der abgebildeten Personen. Allerdings unterliegt dieses in Österreich ebenfalls einer Interessensabwägung. Ein Eingriff ist nämlich nur dann unzulässig, wenn er die berechtigten Interessen der abgebildeten Personen verletzt (ohne dass dem überwiegende Interessen der Veröffentlichung gegenüberstehen). Auch diese Interessensabwägung schlägt hier angesichts der politisch extrem exponierten Position der abgebildeten Personen und des ihrer öffentlichen Vertrauensposition diametral entgegenstehenden Verhaltens klar im Sinne des öffentlichen Interesses und damit der Meinungsäußerungsfreiheit aus.

Auch medienrechtlich gilt die angestellte Abwägung. Theoretisch könnten hier die abgebildeten Personen bei der strafbaren Handlung abgebildet werden. Grundsätzlich käme hier der Anonymitätsschutz des § 7a Mediengesetz zu tragen. Allerdings fällt auch hier die Interessensabwägung klar im Sinne des öffentlichen Interesses aus, sodass auch in dieser Hinsicht keine rechtlichen Bedenken bestehen.

Medial wurde immer wieder Eingriff in den höchstpersönlichen Lebensbereich im Sinn des § 7 Mediengesetz gerügt. Aus den bis dato bekannten Videoausschnitten wäre ein solcher Eingriff allerdings schon dem Grunde nach nicht zu ersehen (der höchstpersönliche Lebensbereich deckt grob gesprochen die Privat-, Sexual- und Gesundheitssphäre ab). Selbst ein Eingriff in den höchstpersönlichen Lebensbereich wäre aber gerechtfertigt, wenn die Veröffentlichung wahr ist und in unmittelbarem Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben steht. Dieser „unmittelbare Zusammenhang“ steht meines Erachtens angesichts der handelnden Personen außer Frage und lassen sich auch allenfalls höchstpersönliche Aspekte wohl aus dem Gesamtbild nicht herausschälen. Sollte es auf diesem Video zu sexuellen Handlungen kommen – wie gesagt, wäre davon nichts bekannt –, wäre diese Abwägung wohl erneut vorzunehmen. Hier läge keine Rechtfertigung für eine Veröffentlichung dieser Bilder im öffentlichen Interesse.

Last but not least kommt hier auch der viel zitierte Datenschutz ins Spiel. Hier gab es bereits Stimmen, die sich über die Verletzung des Datenschutzes beschwert haben. An sich ist das natürlich richtig. Heimliche Videoaufzeichnungen berühren naturgemäß den Kern des Schutzes personenbezogener Daten. Allerdings schlägt auch hier die gebotene Interessensabwägung im Sinne des Artikels 6 Abs 1 lit f DSGVO zugunsten der Wahrnehmung des Rechts auf Meinungs- und Informationsfreiheit aus.

Im Ergebnis war die Anfertigung ebenso wie die Veröffentlichung des Ibiza-Videos aufgrund der überragenden Relevanz für die Öffentlichkeit gerechtfertigt und damit rechtlich zulässig .