Aktuelles

20.12.2018

Namensnennung eines angeklagten Arztes zulässig

OGH stärkt das Berichterstattungsrecht der Medien bei Straftaten von Ärzten.

In einer jüngst von uns für die Tageszeitung KURIER erwirkten Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof die identifizierende Berichterstattung über einen steirischen Arzt, der dringend verdächtig ist, seine vier Kinder misshandelt und als Vater und Arzt nicht lege artis behandelt zu haben, als zulässig beurteilt. Die Entscheidung hat breites Medienecho hervorgerufen.

Im Wesentlichen ging es hier um das altbekannte Spannungsfeld in der Kriminalberichterstattung, inwieweit man jemanden, der einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig ist, medial identifizieren darf. Das im Wesentlichen im § 7a Mediengesetz abgebildete Spannungsfeld besteht zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf der einen Seite und den Anonymitätsinteressen des Verdächtigen (der ja allenfalls um seine soziale und berufliche Zukunft fürchten muss) auf der anderen Seite.

In langjähriger Rechtsprechung urteilen die österreichischen Gerichte, dass eine Identifizierung unter anderem dann zulässig sein kann, wenn die Medien dabei eine Warnfunktion gegenüber der Öffentlichkeit erfüllen. Sohin dann, wenn es notwendig erscheint, auch (potentielle) andere Opfer vor den Straftaten des Verdächtigen zu warnen und so entweder weitere Verbrechen zu verhindern oder zur Aufklärung vergangener Verbrechen beizutragen.

Eben dieses Spannungsverhältnis wurde im gegenständlichen Fall völlig zu Recht zugunsten der Medien gelöst: Der angeklagte Arzt war unter anderem dringend verdächtig, seine eigenen Kinder dermaßen gegen jede Regel der ärztlichen Kunst behandelt zu haben, dass sein Verhalten als Vater und seine ärztliche Behandlung bei den Kindern schwerwiegende Langzeit- und Spätfolgen ausgelöst haben. Während die Vorinstanz der Ansicht war, dass die dem angeklagten Arzt vorgeworfenen Straftaten nur das „Vater-Kind-Verhältnis“ – und damit die Privatsphäre des Arztes betreffen, kam der Oberste Gerichtshof zu dem rechtlichen Schluss, dass die Taten sehr wohl in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Angeklagten als Arzt stehen und damit überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit besteht, Kenntnis darüber zu erlangen, wer der Arzt ist, dem vorgeworfen wird, schwerwiegende Taten gegen Leib und Leben begangen zu haben, die auch Implikationen zu dessen Berufsausübung haben.

Wir freuen uns mit unseren Mandanten über diesen Erfolg.