Aktuelles

15.01.2024

Änderungen durch den Digital Services Act

Durch den Digital Services Act der EU treffen alle Online-Diensteanbieter Verpflichtungen, um rechtswidrige Inhalte im Netz zu unterbinden und Maßnahmen dagegen zu erleichtern. Je nach Art der Behandlung der Nutzerdaten sind Informationspflichten, Meldemöglichkeiten und Ansprechpartner für Nutzer und Behörden bereitzustellen. Bisher national geregelte Haftungsfragen werden nun – weitestgehend ohne inhaltliche Änderungen – durch den Digital Services Act geregelt. Auch national ändert sich einiges: Persönliche Kränkungen können nun bei Ehrverletzungen zu Schadenersatzansprüchen führen. Außerdem verringert sich im Mandatsverfahren wegen Hass-im-Netz und bei der medienrechtlichen Gegendarstellung das Kostenrisiko. Der Schaden aufgrund von Ehrverletzungen ist nun außerdem länger einklagbar.

Mit 17.02.2023 tritt der als EU-Verordnung erlassene Digital Services Act (zu deutsch Gesetz über digitale Dienste, kurz DSA) samt seinem österreichischen Begleitgesetz in Kraft. Diese EU-Verordnung löst das Kommunikationsplattformengesetz ab und bringt für im europäischen Internet tätigen Unternehmen einige Neuerungen, die insbesondere Falschinformationen, Hass und Hetze bekämpfen sollen.

Der DSA führt ein abgestuftes Regulierungssystem ein, das Online-Dienste im Wesentlichen in fünf Kategorien einteilt, wobei seine Wirksamkeit für sehr große Online-Plattformen und sehr große Suchmaschinen bereits letztes Jahr in Kraft getreten ist. Neu ist der DSA hingegen für Vermittlungsdienste, Hosting-Dienste und Online-Plattformen. Die Einstufung erfolgt je nach Tätigkeit des Online-Dienstes. Unter dem Begriff Vermittlungsdienst werden die Dienstleistung der „reinen Durchleitung“, also der Empfang und die Weiterleitung von Informationen eines Nutzers, ohne diese zu speichern oder zu verändern, des „Cachings“, also die Durchleitung von Informationen eines Nutzers, wobei eine Zwischenspeicherung zum Zwecke der effizienteren Gestaltung der Durchleitung stattfindet und des „Hostings“, also die Speicherung von Informationen eines Nutzers in dessen Auftrag. Als Unterkategorie des Hostings ist die „Online-Plattform“ angesiedelt, bei der die Informationen des Nutzers auch veröffentlicht werden, wobei die Veröffentlichung der Information nicht bloß eine Nebenfunktion eines anderen Hauptdienstes sein darf. 

Je nach Einstufung sind die Verpflichtungen, die die Anbieter treffen, verschieden umfangreich. Die Verpflichtungen umfassen etwa:

  • Befolgen von Anordnungen von Behörden betreffend rechtswidrige Inhalte
  • Einrichtung von Kontaktstellen für Behörden und Nutzer
  • Konkretisierung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
  • Transparenzberichte (je nach Größe des Unternehmens und Umfang der Verarbeitung)
  • Einrichtung eines Melde- und Abhilfeverfahrens
  • Begründung bei Sperrung oder Entfernung von Inhalten
  • Meldepflicht bei Kenntniserlangen von (bevorstehenden) Straftaten gegen Leib und Leben
  • Einrichtung eines internen Beschwerdemanagements für Nutzer
  • Ermöglichung einer außergerichtlichen Streitbeilegung
  • Bevorzugung von Meldungen sog „vertrauenswürdiger Hinweisgeber“
  • Maßnahmen und Schutz vor missbräuchlicher Verwendung
  • Spezielle Gestaltungsvorschriften der Online-Plattform
  • Besondere Werbevorschriften
  • Schutz Minderjähriger
  • Transparenz von Empfehlungssystemen
  • Besondere Regelungen für Online-Marktplätze

 

Österreich hat die Erlassung genutzt, um einerseits die notwendigen Anpassungen an den österreichischen Gesetzen vorzunehmen, die durch den DSA nun redundant oder irrelevant werden. Außerdem bringt der DSA auch unmittelbaren Handlungsbedarf für den EU-Mitgliedsstaat.

Durch den DSA muss Österreich einen nationalen Koordinator ernennen, welcher nun die KommAustria ist. Ihre Aufgabe ist es, Verstöße gegen den Digital Services Act zu ahnden und als Beschwerdestelle für Nutzer zu dienen. Außerdem kann sie „vertrauenswürdige Hinweisgeber“ definieren. Gibt ein solcher Hinweisgeber eine Beschwerde bzw Meldung an einen Vermittlungsdienst ab, so sind diese Meldungen bevorzugt zu behandeln.

Die RTR agiert nun (auch) als Schlichtungsstelle für Beschwerden, die bei Online-Plattformen über das Beschwerdemanagementsystem eingebracht werden. Die KommAustria kann allerdings auch weitere Schlichtungsstellen benennen.

Weitere Anpassungen gründen auf der im DSA niedergeschriebenen Verpflichtung der Vermittlungsdiensteanbieter, Entfernungs- und Auskunftsanordnungen, die von Gerichten oder Behörden elektronisch einlangen, zu befolgen. Damit dies national angewandt werden kann, erhalten Gerichte nun in § 15 ECG eine entsprechende Berechtigung. Anzumerken ist, dass es sich dabei vor allem um eine Zustellerleichterung handelt. Ob die Anordnung rechtswidrig ist, muss in einem nationalen Verfahren – etwa im Mandatsverfahren nach § 549 ZPO – entschieden werden. Neu ist allerdings, dass die Fortsetzung des Verfahrens bei Weigerung des Antragsgegners, den Inhalt zu entfernen, in der Hand des Opfers liegt. Dieses kann nämlich entscheiden, ob es die Zustellung der Klage (innerhalb von 14 Tagen nach Mitteilung über den Stand der Entfernungsanordnung) beantragt oder nicht.

Dies ist aber nicht die einzige Änderung im Zusammenhang mit Hass-im-Netz. § 16 ECG ermöglicht natürlichen Personen, die von erheblichen Ehrenbeleidigungen in einem elektronischen Kommunikationsnetz betroffen sind, den Ersatz von immateriellen Schäden (erlittene persönliche Beeinträchtigung), sofern nicht eine Verantwortung nach dem MedienG in Frage kommt. Diese Erweiterung des Schadensbegriffes betrifft alle schädigenden Handlungen ab 17.02.2024.

Außerdem fällt die kurze (einjährige) Verjährungsfrist für Ehrenbeleidigungen nach § 1330 Abs 1 ABGB weg. Auch hier beträgt die Verjährungsfrist nun drei Jahre. Dies betrifft alle Verjährungsfristen, die mit 17.02.2024 noch nicht abgelaufen sind.

Die Bundesregierung hat die Gelegenheit genutzt, auch eine notwendige Anpassung des MedienG vorzunehmen. Der VfGH hob die Regelung des § 17 Abs 5 MedienG auf, da es im Falle des erfolgreichen Rechtsmittels gegen das Urteil zu abschreckenden Geldbeträgen (über EUR 200.000,-), die für den Ersatz der Aufwendungen für die Gegendarstellung aufgebracht werden sollen, gekommen ist. Dies widersprach der Meinungsäußerungsfreiheit des Art 10 EMRK, da das Kostenrisiko einer Gegendarstellung bei einem großen Medienhaus enorm war. Mit der neuen Regelung (§ 16 Abs 3 und § 17 Abs 5 MedienG) werden nun nicht mehr die Kosten in Abhängigkeit von der Marktposition des Medieninhabers berechnet, sondern sind nur noch die tatsächlich angefallenen Kosten ersatzfähig.